Staffel 1 – Folge 5
Hoch oben in den zerklüfteten Gipfeln der Schattenlande, wo die Sonne kaum je hindurchdrang und ewige Finsternis herrschte, thronte die Festung Schattenfels. In ihren finsteren Hallen residierte Morwen, die selbsternannte Königin der dunklen Horizonte. Ihre Macht war gefürchtet und ihre Bosheit legendär. Sie war eine Meisterin der dunklen Künste, deren Magie aus den Tiefen der Schatten und der Verzweiflung gespeist wurde.
Die Schattenlande, Morwens Reich, waren ein trostloser und lebensfeindlicher Ort, der von ewiger Dämmerung und unheilvollen Schatten durchzogen war. Zerklüftete, schwarze Felsen ragten wie skelettierte Finger in den bleigrauen Himmel, und tiefe Schluchten gähnten wie offene Wunden im Antlitz der Welt. Hier und da klammerten sich verdorrte, stachelige Pflanzen an den kargen Boden, doch wahres Leben schien in dieser verfluchten Region zu verkümmern. Ein ständiger, kalter Wind pfiff durch die Felsen und trug das leise Wimmern gequälter Seelen mit sich, so munkelte man in den anderen Landen Draconis.
Morwen herrschte über diese Düsternis mit eiserner Faust und dunkler Magie. Ihre Macht reichte weit über die Grenzen der Schattenlande hinaus und war in allen Reichen der Verzauberten Lande gefürchtet. Geschichten über ihre Grausamkeit und ihre Fähigkeit, die finstersten Künste zu beherrschen, flüsterten die Menschen und Elfen sich nur hinter vorgehaltener Hand zu. Es hieß, sie habe ihren Thron durch Verrat und Blutvergießen errungen und paktiere mit uralten, bösartigen Entitäten aus den tiefsten Abgründen der Welt. Ihre Armee bestand aus abscheulichen Kreaturen der Nacht, untoten Kriegern und willfährigen Kultisten, die ihr in blinder Furcht und fanatischer Treue dienten. Morwens Ambitionen kannten keine Grenzen, und die Verzauberten Lande zitterten vor der Vorstellung, unter ihre dunkle Herrschaft zu fallen. Ihre bloße Erwähnung reichte aus, um selbst die tapfersten Krieger erzittern zu lassen, denn Morwen war nicht nur eine Königin, sondern die Verkörperung der Finsternis selbst.
In der großen Halle von Schattenfels, deren Wände mit grotesken Fratzen und düsteren Wandteppichen geschmückt waren, saß Morwen auf einem Thron aus schwarzem Obsidian. Ihr schlankes, aber kraftvolles Antlitz war von einer kalten Schönheit gezeichnet, ihre Augen funkelten wie glühende Kohlen in der Dunkelheit, und ihr langes, rabenschwarzes Haar fiel ihr wie ein Schleier der Nacht um die Schultern.

Vor ihr knieten zwei ihrer wichtigsten Diener: ein hagerer, verschlagener Mann namens Malkor, der Meister der Spionage und Intrigen, und eine hochgewachsene, in schwarze Rüstung gekleidete Kriegerin namens Seraphina, deren Klinge schon unzählige Leben ausgelöscht hatte.
„Berichtet“, befahl Morwen mit einer Stimme, die so kühl war wie der Winterwind in den Schattenlanden.
Malkor trat vor. „Meine Königin, die Träne des Himmels ist in unserem Besitz. Unsere Diener haben die Krypten unter den Nebelbergen erfolgreich geplündert, ohne dass die alten Geister uns aufhalten konnten.“
Ein dünnes Lächeln huschte über Morwens Lippen. „Ausgezeichnet. Mit der Macht dieses Artefakts werden wir den Zorn der Ahnen entfesseln und die Verzauberten Lande in ein Reich der Dunkelheit verwandeln, das meinem Willen untertan sein wird.“
Seraphina trat ebenfalls vor. „Und die Gerüchte aus dem Norden, meine Königin? Es wird von einem Eisclan und einer jungen Kriegerin geflüstert, die sich gegen die Stürme auflehnt.“
Morwens Augen verengten sich leicht. „Unbedeutend. Einzelne Funken werden das Feuer meiner Herrschaft nicht aufhalten können. Doch behaltet sie im Auge. Sollte sie zu einer größeren Bedrohung werden, wird sie beseitigt.“
Malkor fügte hinzu: „Auch im Wald der Einhörner gibt es Unruhe. Die Elfen scheinen die Zeichen zu deuten und bereiten sich vor.“
„Die törichten Elfen“, spottete Morwen. „Sie klammern sich an ihre alten Traditionen und ihre lächerliche Reinheit. Ihre Magie wird gegen die Macht des erwachenden Zorns machtlos sein.“ Sie erhob sich von ihrem Thron und schritt auf ein großes Fenster zu, das einen Blick über die trostlose Landschaft der Schattenlande bot. „Die Zeit der Verzauberten Lande, wie sie einst waren, neigt sich dem Ende zu. Eine neue Ära der Dunkelheit bricht an, und ich, Morwen, werde ihre Herrscherin sein.“
Sie wandte sich wieder ihren Dienern zu. „Malkor, ich befehle dir, Spione auszusenden. Finde heraus, wer sich gegen uns erhebt und welche Pläne sie schmieden. Seraphina, stelle sicher, dass unsere Armeen bereit sind. Der Sturm, den wir entfesselt haben, wird bald seinen Höhepunkt erreichen, und dann werden wir zuschlagen.“

Malkor und Seraphina verbeugten sich tief und verließen die Halle, um Morwens Befehle auszuführen.
Allein stand die Königin der dunklen Horizonte am Fenster und blickte in die finstere Nacht. In ihren Augen lag ein kalter, unerbittlicher Glanz, und ein leises, boshaftes Lachen entfuhr ihren Lippen. Der Zorn der Ahnen war ihr Werkzeug, und sie würde ihn nutzen, um die Verzauberten Lande für immer zu verändern.
46 Minuten